ZITATE
über
Gottfried Helnwein
von Gottfried Helnwein
Zitate über
Gottfried Helnwein:
Helnwein
ist einer der wenigen aufregenden Maler, die wir heute haben.
Norman Mailer
(1923 - 2007)
Die Funktion des Künstlers
besteht darin, die Erfahrung eines überraschten
Erkennens wachzurufen: dem Betrachter zeigen, was er weiß,
von dem er aber nicht weiß, dass er es weiß. - Helnwein
ist ein Meister dieses überraschten Erkennens.
William S. Burroughs
(1914 - 1997)
Aus dem Essay Helnwein's Work
1992
Wie hält ein freundlicher Mensch wie Helnwein es aus, seine
exzellente - Malerei zum Spiegel der Schrecken des Jahrhunderts zu
machen? Oder hält er es einfach nicht aus, das nicht zu tun?
Reflektiert sein Spiegel nur die Jahrhunderthaltung, LIEBER EIN SCHRECKEN
OHNE ENDE ALS EIN ENDE MIT SCHRECKEN...
Heiner Müller
(1929 - 1995)
Aus dem Essay Black Mirror
1988
Die Welt ist ein Geisterhaus und Helnwein ist zuweilen unser Tour
Guide darin.
Ich denke, dass jedes wirklich relevante und emotionale Kunstwerk
eine Art Spiegel ist, den die Menschen wahrnehmen. Ich glaube nicht,
dass du etwas empfinden kannst bei einer Sache, die du betrachtest,
wenn sie nicht Teil deiner Selbst ist. So ist das wenn jemand bereit
ist, die Traurigkeit, die Ironie, die Hässlichkeit und die Schönheit
auf sich zu nehmen, wie Gottfried Helnwein es tut.
Nicht alles
von seiner Arbeit befindet sich auf der Leinwand. Vieles davon ist
die Art und Weise, wie er an das Leben herangeht. Und man muss ihn
nicht persönlich kennen um das zu wissen. Du musst
nur einen Blick auf seine Bilder werfen und du weisst, "dieser
Typ hat etwas erlebt." Du kannst nicht im Kämmerchen sitzen
und so etwas schaffen. Ein Werk auf diesem Niveau muss man sich verdienen.
Wenn
Du jemanden in der Kunst entdeckst, sei es in deinem eigenen oder
in einem anderen Medium, der die Latte für dich höher
legt, so belebt er von neuem dein Streben, Menschen zu rühren,
durch das was wir als eine gemeinsamen Saite in uns teilen. Sei es
durch Bilder, Worte oder Töne.
Als Künstler ist meine stärkste
Reaktion auf auf das Werk Helnweins, dass es mich herausfordert,
besser zu sein in dem was ich tue. Es gibt wenige Menschen, die vollkommene
Kompetenz erreicht haben in dem was sie tun. Und ich denke, Gottfried
Helnwein ist einer dieser Menschen.
Sean Penn
in dem Film Neunter November Nacht
2003
Es gibt gewichtige Gründe, um Helnwein als den legitimen Erben
Beuys und Warhols zu bezeichnen. Einerseits folgt er in seinen Werken
rituellen Mustern, andererseits spielt er mit einer Reihe von künstlerischen
Variationen. Er untergräbt die Magie der Bilderwelt, indem er
einen Störfaktor einbaut, durch den ein Schock im Verhältnis
zwischen dem Kunstwerk und dem Betrachter entsteht. Helnwein vermischt
Altes mit Neuem, und sein Stil spiegelt den Beginn der Moderne, aber
auch die Welt des Cyberspace wieder.
Klaus Honnef
Rheinisches Landesmuseum, Bonn
The Subversive Power of Art: Gottfried Helnwein - A Concept Artist
Before the Turn of the Millenium
2003
Warhol ist der Prä-Helnwein...
Dieter Ronte
Direktor, Museum für Moderne Kunst, Wien
Profil, 1984
Technische Meisterschaft und auch die Konsequenz einer packenden
sozialkritischen Thematik offenbaren sich in dieser Ausstellung (Lentos
Museum of Modern Art Linz): Gewalt, Schmerz, Verletzung werden dargestellt.
Den Körper ebenso wie die Psyche betreffend. Helnwein dokumentiert
hier einen künstlerischen Reifegrad, der eine weitere Steigerung
kaum vorstellbar macht. Seine Eingriffe sind von einer schmerzhaften
Unmittelbarkeit, deren emotionale Energie weit über die großen
Bildformate hinaus den Raum und sein Publikum ergreift.
Irene Judmayer
Oberösterreichische Nachrichten
Von Der Faszination des Grauens
9. März 2006
Wenn man in der österreichischen bildenden Kunst der
letzten fünfzig Jahre jemanden als Star bezeichnen möchte,
dann kommt, unter Berücksichtigung aller Kennzeichen, nur einer
in Betracht: Gottfried Helnwein.
Stella Rollig
Lentos Museum of Modern Art Linz, 2006
In der bewegten Kunst - und Skandalgeschichte der österreichischen
Moderne von Schiele, Gerstl, Schönberg und anderen bis zur "Wiener
Aktionsgruppe" wird man Helnwein einen gebührenden Platz
zuweisen.
Peter Gorsen
Professor für Kunstgeschichte, Wien
Helnwein ist mein Mentor.
Sein Kampf für den
freien Künstlerischen
Ausdruck und seine Haltung gegen jede Form von Unterdrückung
sind die Gründe warum ich ihn als künstlerischen Partner
ausgesucht habe. Ein Künstler der nicht provoziert, bleibt unsichtbar.
Kunst, die keine starken Emotionen auslöst, ist bedeutungslos.
Helnwein hat das verinnerlicht.
Marilyn Manson
Interview, Evie Sullivan
Inrock, Japan, 15. July 2004
Ihre Bilder haben in mir sehr tiefe Eindrücke hinterlassen.
Um ehrlich zu sein - sie haben mich schockiert. Ich habe lange darüber
nachgedacht und schlussendlich gefunden, dass es wichtig ist, dass
Menschen mit derartigen Bildern konfrontiert werden und damit auch
zum Nachdenken angeregt werden.
Elisabeth Gehrer
Ministerin für Unterricht und Kunst, Österreich
1999
Immer ist es eine Art von
Vorsicht und außerordentlich großer
Sensibilität, die gleichzeitig gekoppelt und kontrastiert wird
mit diesem unglaublich intensiven Ausdruck von Schmerz, Verletzung,
Zerstörung, Bedrohung, Alptraum, Nachtgesichtern, und Traumfantasie.
Diese Mischung, das ist Gottfried Helnwein, er war nie nur das eine.
Antje Vollmer
Vize-Präsidentin des deutschen Bundestages
Rede zur Ausstellungseröffnung Gottfried
Helnwein - Beautiful Children
Ludwig Museum Schloss Oberhausen
19. Juni 2005
Schon 1963 malten ein Künstlerkollege und ich
uns die schaurige Zukunft eines freischaffenden Künstlers aus.
Es ging bei dem Gespräch weniger um die Finanzen als um die
Notwendigkeit des sich bis ins Tiefste Fallenlassenmüssens.
Ich kam damals auf die Idee, so etwas wie ein "Konditionstraining
für
Genies" zu erfinden. Rückblickend muss ich sagen, dass
ich ganz wenige Künstler kenne, die dieses imaginäre Trainingsprogramm
durchgehalten haben. Einer von ihnen ist Gottfried Helnwein.
Wolfgang Bauer
Österreichischer Schriftsteller und Dramatiker
Einer erstellt die summe seiner beobachtungen in
dieser welt der patzer und dämonen.
er vernimmt die schreie aus den gekachelten schreckträumen abseits
einer satten gesellschaft, die weder mit dem laub der bäume
noch mit dem grün der laubfrösche noch mit den froschaugen
des miterlebens zu schaffen haben will.
er aber hört manche, die da schreien bis ihnen die gehirne zerspringen
wie lichtjahre, und hört andere, still vor sich hinweinende,
deren tropfende tränen eines noch-hoffens mit dem abscheulichen
eisskalpell der hoffnungslosigkeit seziert werden.
H.C.Artmann
Österreichischer Schriftsteller
Die stärksten Bilder, die sich mit dem Themen Nationalsozialismus
und Holocaust beschäftigen, stammen von Anselm Kiefer und Gottfried
Helnwein, und obwohl sich die Arbeit Kiefers wesentlich von der Helnweins
unterscheidet, sind doch beide Künstler gleichermaßen
geprägt durch die persönliche Erfahrung des Aufwachsens
in einem deutschsprachigen Land der Nachkriegszeit.
William Burroughs hat gesagt, dass die Amerikanische Revolution in
den Büchern und in der Musik beginnt. Dazu können wir möglicherweise
die Bildende Kunst hinzufügen. Und Helnweins Kunst könnte über
die Kapazität verfügen, Veränderung zu initiieren,
indem sie den Deckmantel der political correctness durchstößt,
und die der Kunst innewohnende primitive Geste wieder zurückerobert.
Mitchell Waxman
Jewish Journal, Los Angeles
Juli, 2004
Gottfried Helnweins jüngste Ausstellung "Face it!" im
Lentos Museum of Modern Art in Linz ist schockierender als die berüchtigte
Royal Academy' Ausstellung "Sensation" im Jahr 1997. Helnwein
zielt nicht darauf ab mit, sagen wir mit einer Elefanten-Kot Madonna
zu beunruhigen, wie Chris Ofili es getan hat, sondern mit einer bei
weitem kontroverseren Jungfrau Maria.
Von allen seinen Bildern ist " Epiphany I (1996) das am meisten
verstörende, mit dem er
tief in unsere kollektive Erinnerung an die berühmteste Geburt
des Christentums eintaucht. Diese österreichisch katholische
Krippenszene hat keine Geschenke darbringenden Weisen aus dem Morgenlande.
Maria und das Kind sind von fünf respektvollen SS -Offizieren
umringt, offensichtlich in Bewunderung vor der idealisierten kitschig-blonden
heiligen Jungfrau. Das Christkind welches auf Marias Schoss steht,
starrt trotzig aus der Leinwand. Helnweins Jesusknabe ist Adolf Hitler.
New Statesman, UK
Julia Pascal
NAZI Dreaming
10. April 2006
Gottfried Helnwein is the world's Finest Artist.
Carl Barks
Comic-artist
creator of Donald Duck and Duckburg
Gottfried Helnwein is a genius!
Arnold Schwarzenegger
Governor of California
Gottfried is a genius, and possibly my favorite
living artist.
Roger Avary
director, writer, producer
Co-writer of Pulp Fiction
Helnwein is a genius with a great feeling for the closeness of love
and death.
Maximilian Schell
Interview, Los Angeles Times
2005
Helnwein is a very fine artist and one sick motherfucker.
Robert Crumb
Helnwein hat den "ruhig theatralischen" Verzückungsgestus
seines Selbstbildnisses mit der heroischen Haltung der leidenden
Sebastians-Figur verglichen und beides zum Stigma des Künstlers
im 20. Jahrhundert, einer quasi religiösen Erlöserfigur,
verallgemeinert.
Sein poetischer Bildtitel bringt den Betrachter zusätzlich auf
die richtige Spur. Die optische Montage des modernen Künstlers
als Schmerzensmann mit dem Landschaftsbild Friedrichs projiziert
die gescheiterte Hoffnung der romantischen Rebellion auf die Gegenwart,
auf das verinnerlichte, masochistisch gewordene Protestdenken der
Moderne und ihre ästhetischen Grenzüberschreitungen.
Kehrt die Romantik wieder? Nein, sie hat die Moderne in Wahrheit
nie verlassen. Doch verengt und verinnerlicht sich ihre Rebellion
in den irrationalen "Körpermetaphysiken" der zeitgenössischen
Künstler auf das eigene Fleisch und Blut.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Peter Gorsen
Der Künstler als Märtyrer,
Die suggestiven Bildmontagen Gottfried Helnweins
18. April 1987
Man kann sehen, dass der Wiener Helnwein in einer
bis ins 18. Jahrhundert zurückreichenden Tradition steht, der
auch die grimassierenden Skulpturen des Bildhauers Messerschmidt
angehören, die Gegenstand
einer langen Abhandlung eines Freud-Schülers waren. Man sieht
auch die Verbindungspunkte dieser Arbeit mit den Arbeiten von Arnulf
Rainer oder von Nitsch, zweier anderer Wiener, die ihren eigenen
Körper im Zusammenhang mit Verletzung, Schmerz und Tod in Szene
setzen. Man sieht, wie diese Faszination der Körpersprache auf
den expressiven Gestus im Werk Egon Schieles zurückgreift.
Roland Recht
Direktor, Musée d’Art Moderne,
Strasbourg
1987
Es läßt sich schwerlich leugnen, daß die Aggressions-
und Verletzbarkeitssymbolik von Helnweins bekanntem, mehrfach variierten
Selbstportrait mit verbundenem Kopf, den von Wundklammern geblendeten
Augen und dem aufgerissenen schreienden Mund etwas von einer selbstevidenten
Metapher für eine elementare menschliche Bedingung heutiger
Existenz hat.
Klaus Albrecht Schröder
Direktor der Albertina Wien
Das Vordergründige ist das Abgründige,
Helnweins Beitrag zu einer Hagiographie des 20.Jahrhunderts
1987
Gottfried Helnweins ist der Künstler der inneren Aufruhr. Seine
Arbeiten der 80er Jahre werden in erster Linie durch die Selbstportraits
seiner "Black Mirror" Serie repräsentiert. Allerdings
reichen diese Arbeiten weit über die Grenzen des gewöhnlichen
Selbstportraits hinaus. Sie reflektieren die inneren Bedürfnisse
und die Verzweiflung, die im eigenen Selbst des Betrachters liegen.
Er zeigt die neue Form des modernen Selbstportraits auf, welches
den Schöpfer und den Betrachter gleichermassen einbezieht.
Toshiharu Ito
MIZUE, art magazine, Tokyo, Japan
The Black Mirror, the World of Gottfried Helnwein
Artist of inner Turmoil.
1989
Die Zurschaustellung des eigenen Körpers als Verwesungsmasse
beginnt mit den Selbstporträts von George Grosz als Suizidgestalt
im Kaffeehaus und reicht über die wie durch den Fleischwolf
gedrehten Konterfeis eines Francis Bacon bis hin zur Leichenfledderei
am eigenen Leib bei Günter Brus, Kurt Kren oder Frank Tovey,
dem jüngst verstorbenen Enfant terrible der experimentellen
New-Wave-Szene der 1980er Jahre. Die Befreiung des melancholischen
Bewusstseins durch den Tod bietet keine philosophische Perspektive
mehr. Es ist ihm ohnedies schon anheim gefallen. Stattdessen wird
der Suizid in einer Performance masochistischer Selbstverstümmelung
kultisch sublimiert.
In einer fotografischen Inszenierung Gottfried Helnweins erhebt sich
der Künstler, fäulnisschwarz und monumental wie das Mahnmal
einer letzen Einsicht: “So ist Verzweiflung, diese Krankheit
im Selbst, die Krankheit zum Tode. Der verzweifelte ist todkrank.
Der Tod ist nicht das letzte der Krankheit, aber der Tod ist in einem
fort das Letzte. Von dieser Krankheit erlöst zu werden durch
den Tod ist eine Unmöglichkeit, denn die Krankheit und deren
Qual und der Tod ist gerade, nicht sterben zu können.
So ist die Geschichte der Moderne nicht zuletzt auch eine Erfolgsgeschichte
der Melancholie und des Eindringens ihres schwarzen Spuks in die
letzten Paradiese des Seins- und Weltvertrauens.
Moritz Wullen
Leiter der Staatlichen Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie Berlin
Melancholie - Genie und Wahnsinn in der Kunst
2006
Wohl kein autoporträtatives Schaffen ist in der zweiten
Hälfte
des 20. Jahrhunderts derart mit einer expressiven Gesellschaftskritik,
mit einer Anklage verbunden, wie das von Gottfried Helnwein. Der
Künstler macht sich um einer schonungslosen Aussage willen zum
schreienden, zum stellvertretend leidenden Objekt seiner Bilder: „Ich
will mit meinen Bildern und Aktionen die Menschen aus ihrer Eingefrorenheit
lösen, wenn auch nur eine Sekunde lang, will sie verunsichern
und zu spontanen Reaktionen hinreißen. Verunsichern, aber nicht
destruktiv. Die logische Denkfähigkeit soll zugunsten totaler
Selbstöffnung kurz trocken gelegt werden“, stellte der österreichische
Maler, Grafiker und Aktionskünstler Gottfried Helnwein zur Intention
seines Werkes fest.
Helnweins Gemälde und Zeichnungen, die in der Tradition von
Odilon Redon und Alfred Kubin stehen, zeigen mit hoher Suggestionskraft
Szenarien von verletzten Menschen. Zunächst nur Kinder, dann
auch Erwachsene in teils grotesken Posen, teils laut schreiend, teils
in introvertierter Stille. Aber selbst wenn in ihnen nicht bildlich
dargestellt geschrieen wird, so ist in den meisten Bildern ein stummer
Aufschrei impliziert, der sich auf das ganze Werk überträgt.
Andreas F. Beitin
Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster
Es ist
der Mensch, ausschließlich der Mensch, das menschliche
Antlitz, der vom Leben gezeichnete Mensch. Es geht Helnwein nicht
um die schöne Oberfläche des Gesehenen, nicht um ästhetischen
Genuß an der Natur und um eine Bestätigung herkömmlicher ästhetischer
Normen.
Sein Blick geht tiefer, genauer, unter die Oberfläche, hinter
die Fassade. Und was er sieht, ist das, was wir nicht sehen wollen,
was wir verdrängen und ausklammern möchten.
Gisela Fiedler-Bender
Direktorin des Landesmuseums in Mainz
Die Befreiung aus den Fesseln
der Vergangenheit, der Rückzug
in die Stille und Besinnlichkeit hat bei Helnwein einen Arbeitsrausch
hoher schöpferischer Güte ausgelöst. Sensibler und
leiser, aber um so intensiver und kraftvoll formuliert er sein Thema
vom verletzten und verwundeten Menschen, von seinen Leiden, seiner
Sprachlosigkeit und von seiner Einsamkeit.
Dorothea Eimert
Direktorin des Leopold-Hoesch-Museum, Düren
Helnwein hat über die Jahre einen einzigartigen Stil entwickelt
und gilt heute als einer der Grössten der Welt.
Ron Wood
Gitarrist der Rolling Stones
Ich schätze Helnweins unendliche zeichnerische Qualität,
seinen enormen künstlerischen Witz. Vom malerischen Können
muß man gar nicht reden, da ist er Weltklasse. Außerdem
ist Helnwein ein überaus intelligenter und unruhiger Geist.
Ein Leben ohne Helnwein kann ich mir nicht vorstellen. Hoffentlich überlebt
er mich.
Manfred Deix
Das innere Leuchten, das Helnwein der monochromen
Malerei abgerungen hat, durchdringt die Figuren und Gegenstände seiner Bilder,
scheint sie – wie wir es von Andachtsbildern kennen – zu
erheben und zu transzendieren. Aber was wir auf diesen Bildern sehen,
ist nicht das Heilsgeschehen; es sind apokalyptische Szenen. Helnwein
zieht den Betrachter durch die glänzende, magisch wirkende Oberfläche
in seine Bilder, aber er gestattet ihm nicht, sich darin gemütlich
einzurichten, denn dies sind keine Andachts-, sondern Gedächtnisbilder.
Ihr Leuchten soll die Bilder in unser Gedächtnis einbrennen.
„Wie macht man dem Menschen-Tier ein Gedächtnis? Man brennt
etwas ein damit es im Gedächtnis bleibt: nur was nicht aufhört,
wehzutun, bleibt im Gedächtnis“. - Friedrich Nietzsche
Peter Pachnike und Gisela Vetter-Liebenow
Ludwig Museum Schloss Oberhausen und Wilhelm Busch Museum Hannover
Essay zur Ausstellung Beautiful Children
März 2005
Karikatur ist nach Werner Hofmann, dem ehemaligen
Direktor der Hamburger Kunsthalle, "als Darstellungstyp eine sublimierte Form der Verletzung." Francisco
de Goya gehört mit seinen Caprichos, besonders seinen "Desastres
de la Guerra" deshalb ebenso dazu wie Käthe Kollwitz -
oder Gottfried Helnwein. Die Arbeiten von Helnwein stehen aber auch
in einer Linie mit den Kupferstichen eines William Hogarth. In der
Mitte des 18. Jahrhunderts hat er seine "modern moral subjects",
seine "modernen Sittenbilder" entworfen, die der Gesellschaft
den Spiegel vorgehalten haben - und Helnwein wie Hogarth haben eine
subtile Balance zwischen ästhethischer Form und erschreckendem
Inhalt gefunden.
Gisela Vetter-Liebenow
Wilhelm Busch Museum, Hannover
2005
Wenn wir von Helnwein sagen, er habe von aussen
nach innen gemalt, dann heisst das,daß seine minutiöse
und bohrend-insistierende Arbeitsweise, die die geschaute Wirklichkeit
brutal interpretiert, eine hinter den Dingen im Verborgenen liegende
Welt aufzudecken versucht.
Aus seinem Krisenbewusstsein, aus seiner Skepsis, aus der Qual des
Beunruhigtseins, erwachsen Helnwein grauenerregende Bilder, sie geraten
zum Peitschenhieb gegen einen aufgesetzten Positivismus, als dessen
Treibfeder Profitdenken und Materialismus unserer hochgezüchteten
Wirtschaftsgesellschaft verantwortlich zeichnen.
Aus einem intellektuellen Unbehagen gegenüber einem falsch verstandenen
Fortschrittsglauben wählt der Künstler die Individualisierung,
die sich dem weitgehend Unbekannten der Seele zuwendet. Helnweins
Trauma einer kollektivistischen Gefährdung des Einzelmenschen
lässt keine neutral wiedergebbahre Bilderwelt zu. Das gewohnte
Erscheinungsbild des Menschen schlägt bei ihm um in ein Spiegelbild,
das sich als Spaltbild, als eine Existenzstufe schmerzvoller Zerrissenheit
des Kreatürlichen entlarvt. So erweist sich die geglaubte Wirklichkeit
lediglich als Teilwahrheit.
Hubertus Froning
Curator, Folkwang Museum Essen
Gottfried Helnwein oder die Welt hinter den Dingen
1989
Als vor einigen Jahren Gottfried Helnweins Werke
im Wiener Pressehaus vorgestellt wurden, protestierte der Betriebsrat.
Von keiner Gesellschaft, von keiner Klasse, wird neue Kunst akzeptiert,
immer nur von einzelnen. Stets gibt es anfänglich Widerstand, weil es in jeder etablierten
Gesellschaft an kultureller Beweglichkeit fehlt, das Neue zu erkennen
und akzeptieren. Bei Helnwein, der durch seine Bilder konventionelle
Verletzlichkeit in einem ganz besonderen Maße provoziert, war
die Ablehnung auch entsprechend extrem. "Blut- und Narbenmaler" nannte
man ihn.
Er hat sich dennoch durchgesetzt. Heute ist Gottfried Helnwein weltbekannt
und als Künstler entsprechend eingestuft. Die jetzige Ausstellung
zeigt, dass er ein Suchender geblieben ist, einer der nach Sturm
und Drang Extreme hinter sich gelassen hat, ohne künstlerische
Kraft eingebüßt zu haben. Nach wie vor gilt seine Aussage: "Malen
ist sich wehren. Immer eine Antwort auf etwas.
Hans Dichand
Kunstmäzen, Gründer und Herausgeber
der Kronenzeitung
Malen Heisst Sich Weren. Immer Eine Antwort auf Etwas
Galerie Würthle, Wien
1987
Liegt es am Kulturangebot zwischen Sängerknaben und Sänger
Wolfgang Ambros, den Malern Egon Schiele und Gottfried Helnwein,
den Architekten Adolf Loos und Hans Hollein?
An den relativ billigen Karten für die teuerste Oper der Welt,
an die teilweise herzerquickend skurrilen Museen, an der klug genährten
Illusion, dass im musikalischen Wien jeder Spenglergeselle in einem
Kammerorchester geige, jede Klosettfrau über Schönberg
zu diskutieren wisse?
Inge Cyrus
Der Spiegel
Sag zum Aufbruch Leise Servus
SPIEGEL-Korrespondentin Inge Cyrus über das neue touristische
Wien-Gefühl und den grossen Wien-Boom
08. Juli 1985
Die Stadt, die dem Wiener Schnitzel den Namen gab,
zieht Besucher an wie nie zuvor - Kaiserselige und Trendsetter Pluhhars
und Hellers, Helnweins und Holleins, Nennings und Bernhards. Sie
alle rühren
die Werbetrommel, und je depremierter und todessehnsüchtiger,
je morbider und selbstzerfleischender sie ihr Lied auf ihre Stadt
singen, desto grösser scheint die Anziehungskraft.
Anna Marohn
Vorm Steffl Ein Servus
10. Januar 1985
Zeitmagazin
Zitate
von Gottfried Helnwein
Kunst ist für mich eine Waffe, mit der ich zurückschlagen
kann.
Gottfried Helnwein
Interview , Marc Kayser
Quest, Kunstmagazin, Berlin,
März 2004
Ich wollte ja ursprünglich gar kein Maler werden, aber irgendwann
habe ich eingesehen, dass Kunst wahrscheinlich die einzige Möglichkeit
ist, sich gegen die Zumutumgen der Gesellschaft zu wehren und zurückzuschlagen.
Kunst war für mich immer in erster Linie eine Waffe.
Gottfried Helnwein
Interview, Claudia Werner
Oberösterreichische Nachrichten
15. Februar 2006
Meine Kunst ist keine Antwort - sie ist eine Frage.
Gottfried Helnwein
Von Donald Duck habe ich mehr gelernt als in all den Schulen, in
denen ich war.
Gottfried Helnwein
Donald Duck … und die Ente ist Mensch
geworden
Katalog Carl Barks, Karikaturmuseum Krems
2007
Ich bin kurz nach dem Krieg geboren und habe noch
den Atem des Todes gespürt. Obwohl bis in die 70er Jahre niemand über die
Vergangenheit geredet hat, wusste ich von Kindheit an, dass da etwas
war. Ich war wahrscheinlich ein äusserst nervendes Kind, denn
ich habe ständig gebohrt und gefragt und nach und nach habe
ich alles zusammengetragen, was ich über den Holocaust erfahren
konnte, ich wollte jedes Detail darüber wissen.
Irgendwann bin ich mit meinen Recherchen in der Gegenwart gelandet
und habe diese Polizeifotos von Kindern gesehen, oder was von ihnen übrig
geblieben ist, nachdem sie von den Eltern zu Tode gefoltert wurden.
Kein Anblick der Sie gut schlafen lässt. Das war der Moment,
als ich beschlossen habe Künstler zu werden. Es schien mir der
einzige Weg, mich diesem Thema zu nähern. Ich bin aus humanistischen
Motiven Künstler geworden, nicht aus ästhetischen.
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Fischer und Sven Michaelsen
Eine Tradition der Dunkelheit
Vanity Fair
26. Juni 2008
Kunst hat für mich den Auftrag, auf unsere Zeit zu reagieren.
Und auf die Konflikte unserer Zeit. Kunst muss die Macht, die Kraft
haben, in ihrer emotionalen Dimension jemanden zu berühren,
zu verunsichern.
Gottfried Helnwein
Interview, Irene Judmayer
OÖNachrichten
24. November 2005
Ich glaube dass alle Arbeiten eines Künstlers im Grunde immer
nur um ein einziges zentrales Anliegen oder Motiv kreisen. Und jedes
Werk so etwas wie ein neuer, mehr oder weniger erfolgreicher Versuch
ist, sich diesem Grundthema zu nähern, es sichtbar zu machen,
zu fassen, zu formulieren, obwohl es im Prinzip immateriell, und
daher nicht fassbar ist, und keine Form hat.
Gottfried Helnwein
Interview, Claudia Werner
Oberösterreichische Nachrichten
15. Februar 2006
Rein materialistisch gesehen, besteht Rembrandts "Nachtwache" aus
winzigen Farbpigmenten, die vermischt mit brüchigen Harzen und
eingetrockneten Ölen auf einem einem alten Stück Leinwand
kleben. Der Rest ist Imagination, Illusion, Metaphysik.
Kunst kann man nur mit den Sinnen, der Seele und dem Herzen erfahren.
Der logische, analythische Verstand bringt uns in der Kunst nicht
sehr weit.
Gottfried Helnwein
Interview, Marco Zysset
BZ Berner Zeitung
19. Dezember 2008
Es geht in meinen Bildern immer um den Menschen
- seine Verwundbarkeit, seine Schmerzen, womit ich mit meiner Arbeit
eigentlich fest in der Tradition der abendländisch-christlichen
Kunst stehe, die das Leiden des Menschen zum zentralen Thema gemacht
hat. Aber mich interessiert auch die Wechselbeziehung zwischen Opfer-
und Täterschaft, und
die Fähigkeit des Menschen zur ständigen Verwandlung, was
ich vor allem in den verschiedenen Metamorphosen und Verformungen
der Köpfe und Gesichter zu formulieren versucht habe, für
deren Darstellung ich meistens meinen eigenen Kopf verwendet habe.
Nur in dem Projekt "The Golden Age" an dem ich mit Marilyn
Manson gemeinsam gearbeitet habe, war es sein Kopf.
Gottfried Helnwein
Gespräch mit Peter Nedoma
Direktor der Galerie Rudolfinum Prag
2008
Die Lust, Gewalt an Wehrlosen auszuüben, war immer Teil der
Menschheitsgeschichte. Und diese Gewalt war fast immer männlich.
Wir verdanken diesem Teil der Menschheit eine nie unterbrochene Kette
unbeschreiblicher Qualen und Grausamkeiten, von der Hexenverfolgung
bis zum Massaker in My Lai. Vielleicht ist es ein Defekt, aber meine
Verdrängungsmechanismen funktionieren diesbezüglich nicht
so gut. Ich glaube es ist die Aufgabe des Künstlers, Zeuge seiner
Zeit zu sein, diesen Wahnsinn festzuhalten und die Menschen daran
zu hindern zu vergessen. Goya hat in seinen Zeichnungen und Radierungen
die Gräuel des Krieges in all ihren entzetzlichen Einzelheiten
dokumentiert, - in der wahrscheinlich vergeblichen Hoffnung, dass
sich dadurch die Tragödie nicht immer wieder aufs neue wiederholen
muss.
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Fischer und Sven Michaelsen
Eine Tradition der Dunkelheit
Vanity Fair
26. Juni 2008
Mein Werk ist widersprüchlich, es hat Brüche. Und ich
mache Sprünge. Ich kann gar nicht anders. Ich muss immer etwas
riskieren, etwas Neues ausprobieren. Ich glaube mein Problem ist,
dass ich zuviel sehe und wahrnehme. Manchmal wäre es mir lieber
ich müsste vieles nicht sehen. Meine Arbeit ist für mich
die einzige Möglichkeit auf den Wahnsinn zu reagieren der sich
um uns herum abspielt.
Gottfried Helnwein
Interview, Thomas Trenkler
Ich Will Nicht als Voll Trottel Sterben, Sondern mit Würde
Parnass,
Kunstmagazin
Februar 2006
Ich bin besessen von der Idee herauszufinden in
welcher Welt ich lebe. Ich beschäftige mich seit langem mit Geschichte, Philosophie,
Politik und der Wirkungsweise der Massenmedien. Diese Suche nach
der Wirklichkeit rührt von meiner Kindheit her, als ich eines
Tages bemerkte, dass ich von allen ununterbrochen angelogen wurde.
Ich kratze gerne an der Oberfläche, und ich will wissen was
sich darunter verbirgt, ich will es genau wissen.
Gottfried Helnwein
Interview, Thomas Trenkler
Ich Will Nicht als Voll Trottel Sterben, Sondern mit Würde
Parnass,
Kunstmagazin
Februar 2006
Kunst ist die einzige Freiheit, die uns geblieben ist.
Gottfried Helnwein
1460 Antworten auf die Frage: Was ist Kunst?
Andreas Mäckler
DuMont Buchverlag, Köln, 2000
Ein Kunstwerk muss im Stande sein
ein menschliches Wesen, auch ohne das geringste kunsttheoretische
Wissen, emotional zu berühren,
- auf welche Weise auch immer. Diesen Test muss jedes Kunstwerk bestehen.
Gottfried Helnwein
Interview, Marco Zysset
BZ Berner Zeitung
19. Dezember 2008
Kunst oder Künstler müssen sich in keiner Weise erklären.
Kunst braucht keine Erläuterung und keine Rechtfertigung, Kunst
ist mit rationalen oder naturwissenschaftlichen Methoden ohnehin
nicht zu ergründen oder zu entschlüsseln.
Gottfried Helnwein
Interview, Marco Zysset
BZ Berner Zeitung
19. Dezember 2008
Wirkliche Kunst hat die Macht, beim Betrachter oder
Zuhörer
emotionale Bereiche zu öffnen, von denen er bis dahin gar nicht
wusste, dass es sie gibt.
Gottfried Helnwein
Interview, Thomas Trenkler
Ich Will Nicht als Voll Trottel Sterben, Sondern mit Würde
Parnass,
Kunstmagazin
Februar 2006
Es ist ein alter Irrtum, zu denken, der Künstler hecke irgendwas
aus, plane oder konstruiere etwas Raffiniertes, habe schlaue Ideen
und wolle der Welt etwas Bedeutendes mit seinen Werken sagen. Alle
Künstler, die ich kenne, arbeiten völlig intuitiv. Das
Denken ist eigentlich kaum involviert, es spielt keine grosse Rolle
im kreativen Prozess. Kunst kommt von woanders her.
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Kayser
Kunstmagazin, Berlin
März 2004
Ich bin immer wieder überrascht, welche Reaktionen Bilder manchmal
auslösen können: Die Menschen sind empört, beleidigt,
peinlich berührt, verunsichert, verwirrt, und fühlen sich
bedroht durch ein Stück Leinwand mit ein paar Milligramm Farbe
darauf. Sie wissen sogar, dass das, was sie auf meinen Bilder sehen
nur Fiktion ist. Und trotzdem: Im Fernsehen können sie Kriege,
Morde, Folter und Tote ansehen, ohne ein Problem damit zuhaben. Von
einem Stück Leinwand hingegen werden sie aus der Bahn geworfen.
Gottfried Helnwein
Interview, Thomas Trenkler
Ich Will Nicht als Voll Trottel Sterben, Sondern mit Würde
Parnass,
Kunstmagazin
Februar 2006
Das Erschreckende an der gegenwärtigen Kunstszene ist, dass
sie komplett von den Ereignissen in der Welt losgelöst ist.
Wenn man sich die gefeierten Künstler heute ansieht, so betreiben
die meisten Nabelschau. Sie persiflieren andere Kunstwerke, der Insider-Gag
dominiert. Wir leben in einer Endzeit, in der alles zusammenbricht,
aber die Kunst reagiert nicht, - sie ist autistisch und isoliert.
Das halte ich für katastrophal.
Gottfried Helnwein
Interview, Heinz Sichrovsky
Wir Leben in der Endzeit
News Magazin
07. März 2006
Los Angeles ist der aufregendste
Ort an dem ich je gearbeitet habe, - ich habe mich noch nie so
frei gefühlt.
Diese Stadt ist ein Moloch in dem 140 verschiedene ethnische Gruppen
leben und in der jede Form von Religion existiert, die der Mensch
je erfunden hat, von der Church of Satan bis zu den Chassidischen
Juden, die am Shabbat wie ihre gallizischen Vorfahren mit riesigen
Pelz-Rädern und
Kaftanen angetan mit ihren Kindern unter Californischen Palmen spazieren
gehen. Es gibt die Viertel der Reichen, in denen man all die erstaunlichen
Mutanten bewundern kann, die die chirurgische Schönheits-Industrie
erschaffen hat, und ganze Strassenzüge in Downtown, in denen
tausende Obdachlose leben, und wo diese verlorene Seelen Tag und
Nacht , mit sich selbst schimpfend und wild gestikulierend, durch
die Strassen irrlichtern. Diese Stadt ist wie eine offene Wunde,
die niemand zu verbinden versucht. Sie ist der äusserste Vorposten
einer untergehenden Zivilisation, und wenn Sie die unkaschierte Version
der westlichen Welt "Now" sehen wollen, dies ist der Ort.
Manchmal komme ich mir vor wie in ",Blade Runner", wo der
Zusammenbruch aller Werte eine neue comic-haft, apokalyptisch-surreale Ästhetik
gebiert. Wenn die Welt schon untergeht, will ich das offenen Auges
erleben, bei vollem Bewusstsein, bis zum letzten Augenblick.
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Fischer und Sven Michaelsen
Eine Tradition der Dunkelheit
Vanity Fair
26. Juni 2008
Im Atelier von Arno Breker standen überall Gips-Plastiken
von Negern und Juden herum, die er nach dem Krieg hergestellt hatte.
Eine heroisierende überlebensgroße Büste stellte
einen beleibten Afrikaner in Uniform und vielen Orden dar. Ich fragte,
wer das sei. „Das war der frühere Präsident der Elfenbeinküste“,
antwortete er. „Der tauchte in den sechziger Jahren bei mir
auf, legte seinen Arm um meine Schultern und sagte: ‚Breker,
kommen Sie zu mir an die Elfenbeinküste. Ich werde Ihr zweiter
Hitler sein". Breker sollte eine neue Hauptstadt entwerfen,
was dieser auch sofort tat. Er zeigte mir das Gipsmodell dieses Utopia
in dessen Mitte sich ein gigantischer Platz befand mit der riesigen
Skulptur eines Afrikaners - mit zerrissenem Hemd und gesprengten
Fesseln, den aufgewühlte Blick und die geballte Faust gen Himmel
gerichtet. Auf meine Frage, was aus dem Projekt geworden sei, antwortete
Breker mit leiser, resignierender Stimme "Der Präsident
ist leider kurze Zeit darauf gestürzt worden"
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Fischer und Sven Michaelsen
Eine Tradition der Dunkelheit
Vanity Fair
26. Juni 2008
Als ich Arno Breker mit meinem Beyus-Porträt in der Hand fotografierte,
hielt er das Bild hoch und murmelte: „Das hätte sich der
Beuys aber nicht träumen lassen.“
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Fischer und Sven Michaelsen
Eine Tradition der Dunkelheit
Vanity Fair
26. Juni 2008
Bilder können eine Eigendynamik, eine Macht entwickeln, die
ihren Erzeugern über den Kopf wächst. Aber nicht jedes
Bild ist Kunst, und nicht jeder, der ein Bild herstellt ist ein Künstler.
Gottfried Helnwein
Interview, Herbert Schorn
Die Bildende Kunst ist ein Einsames Geschäft
Oberösterreichische Rundschau
07. März 2006
Mick Jagger hat einmal gesagt: "Im nächsten Leben wäre
ich gerne ein Maler, da kann man weltberühmt sein und keiner
erkennt einen auf der Strasse." In der Renaissance waren Maler
die Superstars, - Schauspieler und Musikanten waren damals hingegen
eher am unteren Ende der Gesellschaft angesiedelt - zusammen mit
Gauklern, und Akrobaten. Heute ist es ganau umgekehrt, Schauspieler
und Musiker sind die Stars, die Bildenden Künstler spielen dagegen
keine grosse Rolle mehr und gehören eher der Freak-Abteilung
an.
Gottfried Helnwein
Interview, David Baum
Der Wiener
17. Februar 2006
Als Kind erschien mir das höchste Ideal künstlerischer
Existenz, Mitglied der Rolling Stones zu sein. Rückwirkend betrachtet
finde ich dass ich da nicht ganz falsch gelegen bin, denn Rockmusiker
scheinen im Gegensatz zu uns Malern vor allem eines zu haben: more
cash and more fun.
Gottfried Helnwein
Interview, Herbert Schorn
Oberösterreichische Rundschau
7. März 2006
In Amerika haben die Menschen weit mehr Probleme mit Bildern, die
von Schmerz, Verwundung oder Sexualität handeln. Da merkt man
eben, dass die USA ein puritanisches , bilderfeindliches Land sind.
Dank der katholisch-barocken Bilderorgie der Gegenreformation ist Österreich
in dieser Hinsicht vergleichsweise begnadet mit Toleranz.
Gottfried Helnwein
Interview, Thomas Trenkler
Ich Will Nicht als Voll Trottel Sterben, Sondern mit Würde
Parnass,
Kunstmagazin
Februar 2006
In unserem materialistischen Zeitalter misst kaum
noch jemand der Kunst eine grössere Bedeutung zu, und dabei könnte
keine menschliche Gesellschaft ohne sie existieren.
Stellen Sie sich doch bitte einmal die Geschichte der Menschheit
vor, so wie wir sie kennen und subtrahieren Sie alles was mit Kunst
zu tun hat: Musik, Literatur, Architektur, Malerei, Skulptur, Design,
Mode, Tanz, Theater und Film. Was bliebe über? Es gäbe
gar kein Geschichtsbewusstsein, da wir die verschiedenen historischen
Epochen, bestimmte Erignisse und die Regionen in denen sie stattanden
immer mit spezifische Formen von Kultur und Ästhetik verbinden
und sie für uns erst dadurch unterscheidbar und erinnerbar werden. Ägypten,
Rom, die Renaissance, das Barock - ohne Pyramiden, Tempel, Paläste
und Dome, ohne Shakespeare, Michelangelo und Mozart? Auch Religion
wäre ohne Kunst und Zeremoniell oder irgend eine Form von Ästhetik
für Menschen wahrscheinlich zu abstrakt um erfahrbar zu sein.
Nicht einmal ordentliche Kriege wären möglich, weil es
ja keine bedeutenden Bauwerke zu zerstören und keine Kunstschätze
zu plündern gäbe.
Gottfried Helnwein
Interview, Claudia Werner
Oberösterreichische Nachrichten
2006
Das Fernsehen ist ein Indikator für den totalen Zerfall unserer
Kultur: Unterhaltungs-Trash und ein nicht enden wollender Reigen
an Vollidioten, die für 15 Minuten berühmt sein dürfen.
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Kayser
Kunstmagazin, Berlin
März 2004
Dekadenz bedeutet, dass eine Gesellschaft ihre Werte,
ihre Ideale, ihre Traditionen verliert. Es ist der Triumpf einer
kapitalistisch-materialistischen Raubgesellschaft in der es keine
anderen Werte mehr gibt, als den finanziellen Profit. Pasolini hat
dieses Phänomen schon sehr
früh vorausgesehen und vor diesem kommenden "Konsum-Faschismus" gewarnt.
Für die amerikanische Kriegsmaschinerie müssen jährlich
mittlerweile ca 500 Milliarden $ aufgebracht werden, und nur der
Irak-Krieg alleine wird die Amerikaner 2-3 Trilliarden kosten. Von
den Halbwüchsigen, die in diese sinnlosen Schlachten geschickt
werden, sterben mittlerweile mehr durch Selbstmord als durch irgendwelche
Kampfhandlungen. Für Schulen und Ausbildung werden kaum mehr
Mittel zur Verfügung gestellt, das Bildungsniveau ist vielfach
unter den Standard der dritten Welt gesunken. Zig-millionen Amerikaner
sind miitlerweile abhängig von einer Unzahl illegaler und legaler
Psycho-Drogen, die den Markt überschwemmen, und das Leben erträglich
erscheinen lassen sollen. Kinder nehmen Maschinenpistolen und mähen
andere Kinder nieder, bevor sie sich selbst umbringen, nur um wenigstens
posthum für 15 Minuten berühmt zu sein. Ich denke, das
kann man getrost als dekadent bezeichnen.
Gottfried Helnwein
Interview, Christoph Hirschmann
Fabrik Helnwein
MADONNA Magazin
20. September 2008
Zwischen unserer Generation und der unserer Eltern
gab es einen totalen Bruch. Die meisten von uns wollten nichts mit
ihnen, ihren Werten, ihren Vorstellungen und ihrer Tradition zu tun
haben. Es war ein bisschen wie wenn man sich plötzlich im Luftleeren
Raum befindet, - wir hatten die Erdung, den Boden unter den Füssen
verloren und mussten uns neu orientieren. Es war eine Phase in der
der westlichen Kultur, in der ästhetische Anarchie die einzig
sinnvolle Äusserung zu sein schien.
Gottfried Helnwein
Gespräch mit Peter Nedoma
Direktor der Galerie Rudolfinum Prag
2008
Bei meiner ersten Ausstellung
1971 im Wiener Künstlerhaus waren
eines Tages alle meine Bilder mit gelben Stickers überklebt,
auf denen "Entartete Kunst" stand. Von da an wusste ich,
dass ich immer Gegenwind haben würde. Es sieht so aus, als hätte
ich den Finger immer wieder auf den richtigen Punkt gelegt, sonst
wären so viele Emotionen, Aggressionen und die Aufregung als
Reaktion auf meine Arbeiten gar nicht möglich. Das gemalte Bild
selbst kann nicht der Grund gewesen sein, weil es ja eine Fiktion
ist - zweidimensional, nur ein paar Milligramm Farbe auf Papier oder
Leinwand - das ist alles, das tut nicht weh.
Es ist nicht mein Bild, vor dem sich die Leute fürchten, sondern
es sind ihre eigene Bilder in ihren Köpfen. Meine Arbeiten sprechen
offensichtlich etwas an, das im Unterbewusstsein des Betrachters
schon vorhanden ist. Wenn es mir gelingt, den Finger manchmal an
die richtige Stelle zu legen, habe ich das Gefühl, meine Arbeit
hat einen Sinn.
Und der Tag, an dem mich die Spießergesellschaft umarmen würde,
wäre der Tag, an dem ich meine künstlerische Arbeit beenden
würde. Dann wüsste ich, ich habe etwas falsch gemacht.
Gottfried Helnwein
Interview, Andreas
März 2005
Man hat mich attackiert, meine Arbeiten überklebt
und beschlagnahmt, kaum, dass ich in Österreich meine ersten
Ausstellungen hatte. Eine von Kurt Falk veranstaltete Ausstellung
im Pressehaus wurde nach drei Tagen abgehängt, und meine Installation
vor dem Museum Ludwig in Köln von Unbekannten mit Messern zerschnitten.
Gottfried Helnwein
Interview, Heinz Sichrovsky
News, Wien
Wir Leben in der Endzeit
07. März 2006
Ich glaube, jede Gesellschaft hat die Kunst
die sie verdient. Kein Künstler ist völlig autark, zu einem gewissen Grad wird
jeder Künstler auf die Gesellschaft und die Phänomene seiner
Zeit auf die eine oder andere Weise reagieren.
Ich habe ursprünglich nichts von der Existenz der Wiener Aktionisten
gewusst. Aufmerksam wurde ich auf diese Gruppe das erste mal ende
der 60er Jahre, als sie mit Ihrer sogenannten "Uni-Ferkelei" die
Boulevardpresse in Exstase verstzte. Aber was da bei dieser Aktion
eigentlich geschehen ist, wusste niemand, da die Presse damals derartige
Schweinereien noch nicht beim Namen nennen, und nur unbeholfen umschreiben
konnten.
Ich denke diese Art der ästhetischen Reaktion lag damals in
Wien einfach in der Luft, denn diese Stadt war zu dieser Zeit ein
wahrhaft dunkler Ort.
Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, was alles geschehn war in
den 30 vorangegangenen Jahren:
Zusammenbruch der Monarchie, in der sich die Wiener als Zentrum der
Welt verstanden, mit einem Kaiser als Symbol Ihrer Wichtigkeit, Pracht
und Superiorität. Absturz in ein kümmerliches Zwergendasein,
Austrofaschismus, Bügerkrieg, Nazi-Wahnsinn, Auslöschung
des Begriffes "Österreich", und die Reinigung Europas
von Juden und anderen "Untermenschen", die jedoch für
die einzigartige Kunst und Kultur Österreichs immer so wesentlich
und unverzichtbar waren. Bombardierung, Kriegsgefangenschaft, bedingungslose
Kapitulation nach dem nun schon zweiten verlorenen Weltkrieg, und
schliesslich die von den Siegern verordnete Demokratie.
Wien war damals wie eine stehendes, fauliges Gewässer, Es gab
keinen Sauerstoff, nichts bewegte sich, keiner wagte aufzumucken
und die ehemaligen Nazis moderten und fermentierten vor sich hin.
Gottfried Helnwein
Gespräch mit Peter Nedoma
Direktor der Galerie Rudolfinum Prag
2008
Als ich 16 war, habe ich Tag und Nacht nur an eines
gedacht: die Revolution. Einfach alles sabotieren und kaputt machen
und diesen ständigen Fluss an Mittelmäßigkeit, Intoleranz und
Stupidität der Autoritäten unterbrechen: Das war mein Sehnen
und Streben. Mir erschienen Umsturz, Anarchie und Ekstase, die einzig
möglichen Antworten auf dieses erstarrte System.
Als wir uns die Haare ein bisschen länger wachsen liessen, obwohl
sie die Ohren ja kaum berührten, wurde uns auf der Strasse nachgerufen: "Ihr
Gesindel gehört's vergast!" und man bewarf uns mit Steinen.
Es gab Lokale mit der Aufschrift: "Für Gammler, Hippies
und ähnliches Gesindel Eintritt verboten".
Ich erinnere mich als ich das erste mal die Beatles sah, das war
In der "Fox Tönenden Wochenschau", dem damals übliche
Nachrichten-Vorpann im Kino. In Ihren engen Anzügen und ihren
Pilzfrisuren schritten sie die Gangway eines Fluzeugs hinunter. Da
hub ein Raunen an in der Zuschauermenge und jemand rief: „Der
Hitler gehört wieder her! Der würde mit diesem Abschaum
aufräumen!
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Fischer
und Sven Michaelsen
Eine Tradition der Dunkelheit
Vanity Fair
26. Juni 2008
Fest steht, dass im Moment große Verwirrung herrscht. In den
siebziger Jahren war die Welt noch in Ordnung: Da hat man gewusst,
es gibt die Linken, die Fortschrittlichen, es gibt die, die für
eine multikulturelle Gesellschaft sind, und die, die gegen Ausländer
sind. Und man hat gewusst: Das andere Lager, das sind die Rechten,
die Spießer, die „Nazis“. Das ist jetzt vorbei.
Im Moment bricht alles zusammen, die Glaubenssysteme, die Werte,
die Grenzen – alles verändert sich. Wenn man sich zum
Beispiel in Deutschland die Generation der sechziger Jahre anschaut,
Leute wie Schily, Fischer und Mahler, die am extrem linken Rand angesiedelt
waren – die der RAF nahestanden, die das System zerstören
und durch ein neomarxistisches ersetzen wollte. Sie haben den sogenannte "Marsch
durch die Institutionen"angetreten: ganz links unten sind sie
hinein marschiert und ganz recht oben sind sie wieder herausgekommen.
Gottfried Helnwein
Interview, Herbert Lackner
Profil
Gottfried Helnwein und Manfred Deix über den Karikaturenstreit,
Meinungsfreiheit und das Urteil im Irving-Prozess
25. Februar 2006
Die Wiener haben immer eine Nähe zum Tod und
zum Wahnsinn gehabt. Wien ist eigentlich wie die Verlängerung
vom Zentralfriedhof und man hat nicht ganz zu Unrecht immer von der
Lust am Untergang gesprochen. Aber diese Sehnsucht zum Dunklen und
zum Abründigen
hat in diesem seltsamen Biotop ungeheuer Kreative Energien freigesetzt
- in der Malerei, in der Musik, auf der Bühne, in der Literatur.
Und sie hat die Weltgeschichte um ein paar erstaunliche Gestalten
bereichert, Freud, Hitler, Herzl, Schiele, Messerschmidt, Sacher-Masoch,
Gustav Mahler, Thomas Bernhard. Meine Kunst ist sicher geprägt
durch diese Tradition.
Gottfried Helnwein
Interview, Marc Kayser
Kunstmagazin, Berlin
März 2004
Durch die zeitliche und räumliche Distanz
fiel es mir auch leichter die Qualitäten Österreichs zu
erkennen, und vor allem die seiner grossen kulturellen Vergangenheit.
Mir ist auch klar geworden, dass meine eigene Arbeit zutiefst in
dieser Tradition verwurzelt ist. Mit ihr fühle ich mich verbunden,
mit Kafka, Schiele, Franz Xaver Messerschmidt, Rainer, Mahler, Schubert,
Haydn und Mozart, mit Künstlern wie Joseph Roth, H.C. Artmann,
Wolfgang Bauer, Elfriede Jelinek.
Leben würde ich in Wien jedoch nicht so gerne, denn ich erinnere
mich an die vielen Intriganten, an all die freundlich grinsenden
Leute, die einem sofort das Messer in den Rücken rannten, wenn
man sich umdrehte. Schon als Kind wollte ich nicht in Wien leben,
ich hatte bereits damals das Gefühl, am falschen Ort gelandet
zu sein. Für mich hatte Wien etwas zutiefst abgründiges,
bösartiges und gefährliches, das mich mit Furcht erfüllte.
Ich wollte die Stadt bereits als 14jähriger verlassen, aber
Wien hat so eine seltsame Gravitation - man kommt nicht los. Zwei
verlorene Weltkriege und der völlige Zusammenbruch mehrerer
Systeme, vor allem aber der Absturz von einem Weltreich zu einem
winzigen amputierten Etwas, das damals fast völlig vom eisernen
Vorhang eingeschlossen war, hat sicher zu dieser Stimmung beigetragen.
Wenn ich heute nach Wien zurückkomme, sehe ich dass sich die
Stadt völlig verändert hat und viel von der alten Grösse
und Gelassenheit zurückgewonnen hat.
Gottfried Helnwein
Interview, Helmut Sorge
Los Angeles, 2006
Von diesem Jahrhundert wird Walt Disney bleiben,
nicht Joseph Beuys.
Gottfried Helnwein
Stern Magazin
Hamburg, 1979
|